Publikation des Projekts erscheint im November 2018
Buchreihe: Psyche und Gesellschaft
Verlag: Psychosozial-Verlag
ca. 550 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm
Erscheint im November 2018
ISBN-13: 978-3-8379-2829-7, Bestell-Nr.: 2829
https://www.psychosozial-verlag.de/catalog/product_info.php/products_id/2829
Führerliebe, Massenhysterien und Feinddämonisierungen prägten die Phasen der Kulturrevolution (1966–1976) in der Volksrepublik China. Die Auseinandersetzung mit der politischen Utopie und den fantastisch übersteigerten Führern wurde intensiv und bisweilen ekstatisch oder traumatisch erlebt. Diese Arbeit untersucht das Verhältnis von Emotion und Politik aus der Erlebnisperspektive.
Emotionen sind aber nicht nur für die Sozialwissenschaften, sondern auch in der westlichen modernen Chinaforschung ein vernachlässigtes, weil konflikthaftes Forschungsfeld. Es ruft uns als außerhalb Chinas sozialisierte und dort stehende Personen in Erinnerung, dass bestimmte vorwissenschaftliche Interessen, Ängste oder Sehnsüchte uns zu »China« hingezogen haben. Wir teilen emotional intensive Erfahrungen mit dem Objekt, das wir untersuchen wollen,– Erfahrungen, auf die wir unausweichlich immer wieder bei uns selbst und in unserem Denkkollektiv stoßen werden. Die eigene affektive Involvierung und unsere Forschersubjektivität sind für die Auseinandersetzung mit China konstitutiv, die Reflexion darüber ist aber »unerhört« und bleibt so als Analysefeld ungenutzt. Ziel ist es, diese sinologische Forschersubjektivität zu rekonstruieren, unseren Blick und unsere Position nicht zu verneinen, sondern sie als reflexionsbedürftig methodisch zu verankern.
Maoismus wird nicht als ein politischer Herrschaftsmechanismus, sondern als ein psychodynamischer Prozess gefasst und analysiert. Diese Rekonstruktion von Maoismus setzt nicht bei den staatlichen Institutionen und ihrer Macht ein, sondern bei einem Identifikations- und Gefühlsangebot von sozialen Rollen für diejenigen, die sich ohne dauerhafte politische Mitwirkung, also ohnmächtig in dieses System einordnen müssen. Mit dem ethnopsychoanalytischen Mechanismus der »Identifikation in der Rolle« wird Ideologie nicht als etwas von außen Auferlegtes, sondern als ein Handlungsraum begriffen. Als Rollenerwartungen erzeugen sie im Individuum Angst und geben gleichzeitig Möglichkeiten vor, sie politisch korrekt zu bearbeiten. Die Analyse von Tagebüchern aus der Kulturrevolution stellt drei durch die Ideologie normierte soziale Rollen vor, die aufzeigen, wie durch konformes Verhalten politisch geschaffene Angst verdrängt und hin zu einer stärkeren politischen Abhängigkeit verarbeitet wird.
Die damaligen emotionalen Selbstaufladungen an den politischen Führern, Objekten und Räumen bilden heute wichtige Bezugspunkte, in denen man sich in einer »Bindungsarbeit« der eigenen Identität vergewissert. Eine partizipativ angelegte und ethnopsychoanalytische Forschungsmethodik ergründet in mehrmaligen Gesprächen mit Zeitzeugen und ihren Kindern in Wuhan, Wien und Palo Alto zwischen 2006 und 2012, wie damalige Bindungen und Themen, mit denen man sich und die Gesellschaft wahrnehmen konnte, in einer transgenerationalen Übertragung aktualisiert werden.
In einer transgenerationalen Perspektive zeigt sich politische Macht daran, wie bei den Beherrschten politische Ohnmacht erzeugt wird und Individuen diese Ohnmacht in einer eingeübten Selbstwahrnehmung von Befreiung, Emanzipation und Authentizität verleugnen und als Rollenerwartungen innerfamiliär weitergeben.
Chinese summary:
文革政治在中国人情感上的代际效应
个人崇拜、群体狂热、阶级斗争妖魔化,曾是中国十年文革的主题。对政治乌托邦和领袖神人化的反思过程,不乏激烈狂热,抑或创伤累累。本书从个体经历的角度研究考察情感与政治之间的关联。
在社会科学和整个西方的现代中国研究中,情感一直是一个容易被忽视的领域。而事实是,人们通常倾向于与研究对象感同身受、共情理解。对于在西方土生土长的汉学研究者来说,分析研究对象的情感,意味着也要开启专业之外自己对"中国"这个意象的兴趣、恐惧或渴望的深度记忆。带有主观感情色彩的研究者主体性,颇具为汉学研究广辟天地的潜力,可至今弃之如敝履,尚未找到用武之地。本书的理念目标是构建研究者主体性在汉学中的意义,确立非华裔研究者的主体内观在汉学中的重要性。
书中不从政治意识形态上,而是从心理动力学角度,定性和分析毛泽东思想。对毛泽东思想实际权威的还原,也并非在国家机构及其职能中进行,而是在其为处于政治生活边缘被动适应体系的个体提供自我定位和获得情绪价值的社会角色中尝试。从下意识压抑政治上的焦虑,到形成更强的政治依赖性,三种被意识形态格式化了的社会角色在文革日记分析中显现出来。通过2006至2012年间在中国、美国和奥地利对文革同龄人及其子女的采访和参与式异域文化精神分析发现,上一代人在文革期间对自我和社会的感知及依恋模式,在下一代人身上重现:当年上一代人的政治无力感如何幻化为获得解放和本真的自我感知,如今就如何凝结为对下一代人的期望值。
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